G4: Katastrophen- und Notfallplanung
Business-Continuity-Management
Relevanz
Alpiq ist eine führende Schweizer Stromproduzentin. Sie ist europaweit aktiv und für den Betrieb von grossen Anlagen wie Kern-, Gas-Kombi- und Wasserkraftwerken verantwortlich, die oft Teil der kritischen Infrastruktur sind. Ein professionelles Notfall- und Krisenmanagement im Rahmen des Business-Continuity-Managements (BCM) ist daher für Alpiq von grösster Bedeutung.
Managementansatz
Organisation, Unterstellung und Ausbildung der Notfall- und Krisenorganisationen
BCM ist grundsätzlich eine Managementaufgabe. Jeder Prozessverantwortliche definiert, welche Massnahmen er vorbereiten muss, um seinen Prozess auch unter erschwerten Bedingungen aufrechtzuerhalten. Für die besonders businesskritischen Prozesse müssen die Prozessverantwortlichen einen Business-Continuity-Plan erstellen und für die Ereignisbewältigung eine Notfallorganisation bereithalten.
Die Krisenorganisation Management in Krisensituationen (MIK) kommt bei akuter Bedrohung des Gesamtunternehmens zum Einsatz. Sie unterstützt in dieser Lage die Führung, hauptsächlich den CEO. Dazu bereitet sie Entscheidungsgrundlagen zuhanden des CEO vor und trifft notwendige Sofortmassnahmen, wenn nötig in eigener Kompetenz.
Um diese Aufgabe wirkungsvoll und unabhängig wahrnehmen zu können, ist der Stabschef MIK direkt dem CEO unterstellt, wenn das MIK aktiviert ist.
Die Notfallorganisationen und der Krisenstab MIK trainieren mindestens einmal pro Jahr ihre Einsatzfähigkeit im Rahmen von Übungen. Dabei werden personelle Zusammensetzung, Aufgebot und die Stabsarbeit anhand von realitätsnahen Übungsszenarien geprüft.
Business-Continuity-Pläne
Im Rahmen einer Business-Impact-Analyse sind folgende besonders geschäftskritischen Bereiche identifiziert worden, welche auf Konzernstufe überwacht werden:
- Geschäftsbereich Digital & Commerce (Energiehandel)
- Kraftwerkseinsatz und -steuerung im CEG-P in Lausanne (ein einzelnes Kraftwerk ist nicht besonders geschäftskritisch, die Einsatzbereitschaft des Gesamtportfolios jedoch schon; REMIT-Meldungen)
- Treasury und Accounting (wichtige Zahlungen zum Beispiel für Energielieferungen und Auktionen; Zins- und Amortisationszahlungen von Anleihen; Absicherung von Währungsrisiken)
- Communications & Public Affairs (Publikation von Ad-hoc-Meldungen; Betrieb der Website, unter anderem für die Publikation von obligatorischen Mitteilungen)
Die übrigen Business-Continuity-Pläne sind in der Verantwortung der Prozessverantwortlichen und werden nicht zentral durch das Krisenmanagement überwacht.
Beurteilung
Bis zur Bewältigung der aktuellen COVID-19-Pandemie hatte der Krisenstab MIK im Jahr 2011 anlässlich der Paketbombenattacke auf swissnuclear in Olten den letzten grösseren Einsatz. Die Notfallorganisationen haben verschiedene niederschwelligere Ereignisse wie beispielsweise IT-Ausfälle, Wassereinbrüche oder Brände bewältigt.
Seit Ende Februar 2020 ist der Krisenstab MIK mit dem Auftrag «Koordination sämtlicher Aktivitäten von Alpiq in Zusammenhang mit COVID-19» im Einsatz. Für diese Organisation handelt es sich um eine atypische Ereignisbewältigung, weil der Einsatzzeitraum sehr lange andauert. Der Krisenstab MIK hat sich mit Business-Continuity-Koordinatoren aus den operativen Geschäftsbereichen ergänzt. In der Akutphase im Frühjahr 2020 fand ein täglicher Austausch des Stabschefs MIK mit der Geschäftsleitung statt, an welchem die Beschlüsse zu einzelnen Massnahmen abgeholt wurden. Aktuell wird anlässlich jeder Geschäftsleitungssitzung ein Lagebericht angefertigt, welcher bei Bedarf Anträge zur Entscheidung enthält.
Gas-Kombikraftwerke
Alpiq verpflichtet sich, ihre Anlagen zu schützen. Die meisten Gas-Kombikraftwerke sind Teil der kritischen nationalen Infrastruktur. Die Gewährleistung der Leistungserbringung und der stabilen Versorgung der nationalen Netze ist von grösster Bedeutung. Alpiq verwendet Systeme und Mechanismen, die einen sicheren Betrieb garantieren. Das Hauptziel besteht darin, ungeplante Kraftwerksstillstände zu minimieren. Alpiq hat für die Anlagen Versicherungen abgeschlossen, die Schäden und potenzielle Auswirkungen von negativen externen Faktoren decken. Sie schützen Alpiq vor wirtschaftlichen Folgen, die von zukünftigen, unvorhersehbaren Ereignissen herrühren.
Gemäss den geltenden nationalen und lokalen Vorschriften verfügt jedes Kraftwerk über einen Notfallplan. Diese Notfallpläne werden den spezifischen Eigenheiten jeder Anlage (Betriebsgrösse und -art) angepasst und mit den örtlichen Behörden und Feuerwehren geteilt.
Die von Alpiq betriebenen Gas-Kombikraftwerke sind bezüglich physischen Zugangs geschützt und überwacht. Sie sind regelmässig Schauplatz von Notfallübungen, bei denen häufig die Brandrettung, die Personenbergung oder die Verletzung der physischen Sicherheit im Mittelpunkt stehen. Die Notfallpläne und -anweisungen werden gemäss gesetzlichen Vorgaben und ISO-Zertifizierungen überprüft.
Wasserkraftwerke
Für jede Partnergesellschaft existieren Notfallpläne. Diese definieren insbesondere die Art und Schwere eines Ereignisses, ab welcher ein Krisenstab aktiviert wird, dessen Organisation, seine Interaktionen sowie das Pflichtenheft seiner Mitglieder. Gemäss den Normen ISO 55 001 (Asset-Management) und 9 001 (Qualitätsmanagementsysteme) werden in Zusammenarbeit mit einem externen Experten jedes Jahr Krisenübungen in einer ausgewählten Anlage durchgeführt. Diese Übungen ermöglichen es, wertvolle Erfahrungen zu sammeln und die Notfallpläne kontinuierlich zu verbessern.
Windkraftanlagen
Die von Alpiq betriebenen Windparks befinden sich meist an abgelegenen, schlecht erreichbaren Orten. Daher wurden die Notfallpläne unter Berücksichtigung der längeren Reaktionszeiten für die professionellen Rettungsorganisationen angepasst. Ziel ist die Abstimmung mit den Behörden und den entsprechenden Prozessen der Dienstleister, die in den Alpiq Windparks arbeiten.
In den Windparks wurden Strassenschilder installiert, um Einsatzfahrzeugen die Zufahrt zu erleichtern, den Weg zu weisen und so Zeit zu sparen. Für extreme Witterungsbedingungen am Standort in den bulgarischen Bergen steht eine Pistenraupe zur Verfügung.
Alle in der Notfallorganisation vorgesehenen Rollen sind definiert und die Personen werden angemessen ausgebildet. Um sicherzustellen, dass jeder weiss, wie er sich zu verhalten hat, und um etwaige Lücken in der Reaktionskette zu erkennen, werden regelmässig Notfallübungen durchgeführt. Falls erforderlich werden in diese Übungen auch Auftragnehmer sowie die öffentlichen Rettungsdienste einbezogen. Wegen der COVID-19-Pandemie musste die Übung im Jahr 2020 jedoch in den meisten Windparks verschoben werden.