Geschäftsbericht 2020

4.8 Eventualverbindlichkeiten und Garantieverpflichtungen

Steueraudit der ANAF bei der Alpiq Energy SE

Nach dem Steueraudit bei der Bukarester Niederlassung der Alpiq Energy SE, Prag, hat die rumänische Steuerbehörde ANAF (Agenţia Naţională de Administrare Fiscală) im September 2017 Alpiq den finalen Entscheid zum Steuerbetreffnis in Höhe von 793 Mio. RON, umgerechnet 176 Mio. CHF, für Mehrwertsteuer, Gewinnsteuer und Strafsteuern (inklusive Verzugszinsen) für die Periode 2010 bis 2014 zugestellt. Das von der ANAF ermittelte Steuerbetreffnis wird dem Grunde als auch der Höhe nach bestritten, da Alpiq überzeugt ist, dass die Geschäftsaktivitäten der Alpiq Energy SE in Rumänien stets unter Beachtung der anwendbaren rumänischen und europäischen Regeln und Gesetze ausgeübt worden sind. Die Position von Alpiq wird von den aktuell vorliegenden Einschätzungen externer Rechts- und Steuerexperten bestätigt. Alpiq hat im Jahr 2017 bei der ANAF gegen das Steuerbetreffnis Einsprache erhoben. Den diesbezüglichen Entscheid der ANAF hat Alpiq Ende Juni 2018 erhalten. Die ANAF stützte in der Hauptsache ihre eigene Auffassung und wies die Einsprache in Bezug auf einen Betrag von 589 Mio. RON, umgerechnet 131 Mio. CHF, als unbegründet zurück. In Bezug auf einen Betrag von 204 Mio. RON, umgerechnet 45 Mio. CHF, hat sie die Entscheidung aus dem Steueraudit aufgehoben und eine Neubeurteilung angeordnet. In einem betragsmässig unwesentlichen Punkt hat die ANAF zu Gunsten von Alpiq entschieden. Den Einspracheentscheid der ANAF hat Alpiq unter Ergreifung des zur Verfügung stehenden Rechtsmittels angefochten. Im Jahr 2020 fanden diesbezüglich mehrere Anhörungen statt. Zudem hat der vom Gericht ernannte, unabhängige Experte sein Expertengutachten beim Gericht eingereicht. ANAF hat jedoch noch weitere Anschuldigungen vorgebracht, die von Alpiq bestritten werden. Die nächste Anhörung wird im März 2021 stattfinden.

Am 29.1.2019 hat der oberste Gerichtshof in Bukarest entschieden, dass das von der ANAF verfügte Steuerbetreffnis im Betrag von 589 Mio. RON, umgerechnet 131 Mio. CHF, bis zu einem erstinstanzlichen Gerichtsentscheid nicht vollstreckbar ist. Am 3.9.2019 hat das Berufungsgericht in Bukarest zudem das Begehren von Alpiq gutgeheissen, dass das verfügte Steuerbetreffnis bis zu einem letztinstanzlichen Gerichtsurteil nicht vollstreckbar ist. Diese Entscheidung ist rechtskräftig. Alpiq fordert von ANAF die Erstattung der im Zusammenhang mit der Bankgarantie entstandenen Kosten und weiterer Aufwendungen und hat deshalb im Herbst 2019 eine entsprechende Klage beim Berufungsgericht in Bukarest eingereicht. Diese wurde in einem erstinstanzlichen Urteil teilweise gutgeheissen und aufgrund der rechtswidrigen Sicherungsmassnahmen der ANAF wurde Alpiq ein unwesentlicher Betrag für Schadenersatz zugesprochen. Der Schadenersatzanspruch wird in einem zivilrechtlichen Verfahren verfolgt werden.

Alpiq schätzt es weiterhin als unwahrscheinlich ein, dass sie in dieser Angelegenheit unterliegen wird, weshalb keine Verbindlichkeit für das Steuerbetreffnis verbucht wurde.

Ausgleichsklage gegen die Alpiq Holding AG

Im Rahmen des Squeeze-out-Mergers (siehe Anmerkung 3.7 Eigenkapital) erhielten sämtliche Minderheitsaktionäre der Alpiq Holding AG eine Abfindung für jede von ihnen gehaltene Aktie der Alpiq Holding AG zum Zeitpunkt der Fusion. Die durch eine Aktionärin geleistete Abfindung betrug 70 CHF pro Aktie. Damit wurden die Aktionäre, die im Rahmen der Fusion eine Abfindung erhielten, gleich behandelt wie jene Publikumsaktionäre, die ihre Alpiq-Aktien im Rahmen des öffentlichen Kaufangebots der Schweizer Kraftwerksbeteiligungs-AG (SKBAG) angedient hatten.

Wie in der Medienmitteilung vom 4.9.2020 von Alpiq kommuniziert, haben die zwei Investoren Knight Vinke (KVIP International V L.P.) und Merion Capital (Merion Capital LP, Merion Capital ERISA LP und Merion Capital II LP) je eine Ausgleichsklage nach Art. 105 Fusionsgesetz gegen die Alpiq Holding AG eingereicht. Mit den zwei Klagen lassen sie die von den beiden Generalversammlungen beschlossene und von der SKBAG bezahlte Abfindung gerichtlich überprüfen. Die beiden Ausgleichsklagen wurden am 1.9.2020 beim zuständigen Gericht, der Chambre patrimoniale cantonale des Kantons Waadt, als Antrag auf Schlichtung (französisch: Requête de conciliation) eingereicht. Die von den beiden Investoren verlangte Abfindung soll auf einem damaligen Wert der Namenaktien der Alpiq Holding AG von mindestens 140 CHF (Knight Vinke) beziehungsweise 130 CHF (Merion) pro Aktie basieren. Dies würde einem von der Alpiq Holding AG zu bezahlenden zusätzlichen Abfindungsbetrag zugunsten aller abgefundenen Minderheitsaktionäre von rund 195 Mio. CHF entsprechen.

Im Rahmen des freiwilligen öffentlichen Kaufangebots der SKBAG, wurde PricewaterhouseCoopers (PwC) als unabhängige Expertin mit der Erstellung und Unterbreitung einer Fairness Opinion zur Angemessenheit des Angebotspreises aus finanzieller Sicht beauftragt. PwC hatte nach umfassender Analyse eine Wertbandbreite von 65 CHF bis 73 CHF pro Aktie der Alpiq Holding AG ermittelt. PwC kam damals in ihrer Fairness Opinion zum Schluss, dass der Angebotspreis aus finanzieller Sicht fair und angemessen ist. Im Rahmen des Squeeze-out-Mergers wurde die Alantra AG damit beauftragt, einen unabhängigen Bewertungsbericht für die Verwaltungsräte der Alpiq Holding AG und der Alpha 2020 AG zu erstellen. Der Bewertungsbericht von Alantra ermittelte eine Wertbandbreite von 63,30 CHF bis 72,50 CHF pro Aktie der Alpiq Holding AG und bestätigte damit, dass die vereinbarte Abfindung in der Höhe von 70 CHF pro Aktie angemessen ist.

Aufgrund aller bisher bekannten Tatsachen und Umstände, einschliesslich der beiden unabhängigen Bewertungsgutachten, die den Abfindungsbetrag pro Aktie als angemessen befunden haben, erachtet Alpiq es als unwahrscheinlich, dass sie in dieser Rechtsstreitigkeit unterliegen wird.

Weitere Sachverhalte

Zum Bilanzstichtag wie auch per 31.12.2019 bestanden keine wesentlichen Eventualverbindlichkeiten aus Bürgschaften, Garantien oder ähnlichen Haftungsverhältnissen gegenüber Dritten zugunsten Dritter. Für weitere Verpflichtungen im Zusammenhang mit Partnerwerken wird auf Anmerkung 4.3 verwiesen. Die Eventualverbindlichkeiten im Zusammenhang mit dem Verkauf des Engineering-Services-Geschäfts sind in Anmerkung 5.2 offengelegt.