Katastrophen- und Notfallplanung

G4

Business-Continuity-Management

Managementansatz

GRI 103
(103-1, 103-2, 103-3)

Relevanz

Alpiq ist eine führende Schweizer Stromproduzentin. Sie ist europaweit aktiv und für den Betrieb von grossen Anlagen wie Kern-, Gas-Kombi- und Wasserkraftwerken verantwortlich, die oft Teil der kritischen Infrastruktur sind. Ein professionelles Notfall- und Krisenmanagement im Rahmen des Business-Continuity-Managements (BCM) ist daher für Alpiq von grösster Bedeutung.

Managementansatz
Organisation, Unterstellung und Ausbildung der Notfall- und Krisenorganisationen

BCM ist grundsätzlich eine Managementaufgabe. Jede für einen Prozess verantwortliche Person definiert, welche Massnahmen sie vorbereiten muss, um ihren Prozess auch unter erschwerten Bedingungen aufrechtzuerhalten. Für die besonders geschäftskritischen Prozesse müssen die für einen Prozess verantwortlichen Personen einen Business-Continuity-Plan erstellen und für die Ereignisbewältigung eine Notfallorganisation bereithalten.

Die Krisenorganisation Management in Krisensituationen (MIK) kommt bei akuter Bedrohung des Gesamtunternehmens zum Einsatz. Sie unterstützt in dieser Lage die Führung, hauptsächlich die CEO. Dazu bereitet sie Entscheidungsgrundlagen zuhanden der CEO vor und trifft notwendige Sofortmassnahmen, wenn nötig in eigener Kompetenz.

Um diese Aufgabe wirkungsvoll und unabhängig wahrnehmen zu können, ist der Stabschef MIK direkt der CEO unterstellt, wenn das MIK aktiviert ist.

Die Notfallorganisationen und der Krisenstab MIK trainieren mindestens einmal pro Jahr ihre Einsatzfähigkeit. Anhand von realitätsnahen Szenarien werden personelle Zusammensetzung, Aufgebot und Stabsarbeit geprüft. Die letzte Übung fand Ende Oktober 2021 statt. Zusätzlich zu den oben genannten Punkten stand dabei die Zusammenarbeit zwischen dem Krisenstab und den an der Übung beteiligten Notfallorganisationen im Fokus. Ein weiteres wichtiges Ziel der Übung war das Training der Kooperation mit einem externen Partner. Konkret handelte es sich um den Krisenstab von Swissgrid. Im Nachgang fand eine detaillierte Auswertung der Übung statt. Wichtige Erkenntnisse lieferte sie insbesondere in Bezug auf die situativ erforderliche Zusammensetzung und die Verbesserung des Informationsflusses zum Management. Zudem wurde auch ein Ausbildungsbedarf hinsichtlich Professionalisierung und verstärkter Digitalisierung der Stabsarbeit erkannt. Das Verbesserungspotenzial sowie ein konkreter Umsetzungsplan für die nächsten zwei Jahre wurden in einem separaten Schlussbericht festgehalten.

Für die Sicherung der Kernkraftwerke, an denen Alpiq beteiligt ist, sind die jeweiligen Kraftwerksgesellschaften direkt zuständig. Das Konzept der Sicherung der Schweizer Kernkraftwerke steht unter Aufsicht des ENSI, welche diese periodisch auf deren Wirksamkeit überprüft.

Business-Continuity-Pläne

Im Rahmen einer Business-Impact-Analyse sind folgende besonders geschäftskritischen Services identifiziert worden, welche auf Konzernstufe überwacht werden:

Die übrigen Business-Continuity-Pläne sind in der Verantwortung der für den jeweiligen Prozess verantwortlichen Personen und werden nicht auf Konzernstufe überwacht.

Beurteilung

Bis zur Bewältigung der aktuellen COVID-19-Pandemie hatte der Krisenstab MIK im Jahr 2011 anlässlich der Paketbombenattacke auf swissnuclear in Olten den letzten grösseren Einsatz. Die Notfallorganisationen haben verschiedene niederschwelligere Ereignisse wie beispielsweise IT-Ausfälle, Wassereinbrüche oder Brände bewältigt.

Seit Ende Februar 2020 ist der Krisenstab MIK mit dem Auftrag «Koordination sämtlicher Aktivitäten von Alpiq in Zusammenhang mit COVID-19» im Einsatz. Für diese Organisation handelt es sich um eine atypische Ereignisbewältigung, weil der Einsatzzeitraum sehr lange andauert. Der Krisenstab MIK hat sich mit Business-Continuity-Koordinatoren aus den operativen Geschäftsbereichen ergänzt. In der Akutphase im Frühjahr 2020 fand ein täglicher Austausch des Stabschefs MIK mit der Geschäftsleitung statt, an welchem die Beschlüsse zu einzelnen Massnahmen abgeholt wurden. Abhängig von der Situation erhält die Geschäftsleitung einen Lagebericht, welcher bei Bedarf Anträge zur Entscheidung beinhaltet.

Gas-Kombikraftwerke

Alpiq verpflichtet sich, ihre Anlagen zu schützen. Die meisten Gas-Kombikraftwerke sind Teil der nationalen kritischen Infrastruktur. Die Gewährleistung der Leistungserbringung und der stabilen Versorgung der nationalen Netze ist von grösster Bedeutung. Alpiq verwendet Systeme und Mechanismen, die einen sicheren Betrieb garantieren. Das Hauptziel besteht darin, ungeplante Kraftwerksstillstände zu minimieren. Alpiq hat für die Anlagen Versicherungen abgeschlossen, die Schäden und potenzielle Auswirkungen von negativen externen Faktoren decken. Sie schützen Alpiq vor wirtschaftlichen Folgen, die von zukünftigen, unvorhersehbaren Ereignissen herrühren.

Gemäss den geltenden nationalen und lokalen Vorschriften verfügt jedes Kraftwerk über einen Notfallplan. Diese Notfallpläne werden den spezifischen Eigenheiten jeder Anlage (Betriebsgrösse und -art) angepasst und mit den örtlichen Behörden und Feuerwehren geteilt.

Die von Alpiq betriebenen Gas-Kombikraftwerke sind bezüglich physischen Zugangs geschützt und überwacht. Sie sind regelmässig Schauplatz von Notfallübungen, bei denen häufig die Brandrettung, die Personenbergung oder die Verletzung der physischen Sicherheit im Mittelpunkt stehen. Die Notfallpläne und -anweisungen werden gemäss gesetzlichen Vorgaben und ISO-Zertifizierungen überprüft.

Wasserkraftwerke

Für jede Partnerwerksgesellschaft existieren Notfallpläne. Diese definieren insbesondere die Art und Schwere eines Ereignisses, ab welcher ein Krisenstab aktiviert wird, dessen Organisation, seine Interaktionen sowie das Pflichtenheft seiner Mitglieder. Gemäss den Normen ISO 55001 (Asset-Management) und ISO 9001 (Qualitätsmanagementsysteme) werden in Zusammenarbeit mit einem externen Experten jedes Jahr Krisenübungen in einer ausgewählten Anlage durchgeführt. Diese Übungen ermöglichen es, wertvolle Erfahrungen zu sammeln und die Notfallpläne kontinuierlich zu verbessern.

Windkraftanlagen

Die von Alpiq betriebenen Windparks befinden sich meist an abgelegenen, schlecht erreichbaren Orten. Daher wurden die Notfallpläne unter Berücksichtigung der längeren Reaktionszeiten für die professionellen Rettungsorganisationen angepasst. Ziel ist die Abstimmung mit den Behörden und den entsprechenden Prozessen der Dienstleister, die in den Alpiq Windparks arbeiten.

In den Windparks wurden Strassenschilder installiert, um Einsatzfahrzeugen die Zufahrt zu erleichtern, den Weg zu weisen und so Zeit zu sparen. Für extreme Witterungsbedingungen am Standort in den bulgarischen Bergen steht eine Pistenraupe zur Verfügung.

Alle in der Notfallorganisation vorgesehenen Rollen sind definiert und die Personen werden angemessen ausgebildet. Um sicherzustellen, dass jeder weiss, wie er sich zu verhalten hat, und um etwaige Lücken in der Reaktionskette zu erkennen, werden regelmässig Notfallübungen durchgeführt. Falls erforderlich werden in diese Übungen auch Auftragnehmer sowie die öffentlichen Rettungsdienste einbezogen.

Nachdem im Jahr 2020 wegen der COVID-19-Pandemie nahezu alle Notfallübungen in den Windparks ausgefallen waren, konnten die meisten davon im Berichtsjahr nachgeholt werden. So wurden im Windpark Vetrocom (Bulgarien) Rettungsszenarien an einer Windenergieanlage, im Lager sowie in den Büroräumlichkeiten geübt. Auf Sizilien (Italien) wurde nebst den jährlichen internen Notfallsimulationen eine gemeinsame Rettungsübung mit dem Höhenrettungsdienst der Feuerwehr der Provinz Agrigent durchgeführt.

Kernkraftwerke

In der Regel werden grosse Notfallübungen in Kernkraftwerken, also Gesamtnotfallübungen unter Einbezug von kantonalen Stäben und Bundesbehörden, alle zwei Jahre an einem der drei Kernkraftwerksstandorte durchgeführt. Die letzte solche Übung fand 2019 im Kernkraftwerk Beznau statt. Somit hätte im Berichtsjahr eine Gesamtnotfallübung stattfinden sollen. Aufgrund der COVID-19-Pandemie wurde diese Gesamtnotfallübung jedoch aufs Jahr 2022 verschoben.